Der Brief an Philemon

Henry Allen Ironside

© SoundWords, online: 30.05.2024, updated: 30.05.2024

Einleitung

Der Brief des Paulus an seinen Freund Philemon ist das bekannteste Beispiel für eine frühe, persönliche christliche Korrespondenz, die erhalten geblieben ist. Paulus schrieb ihn, um einen heimkehrenden, entlaufenen, diebischen Sklaven an seinen Herrn zu empfehlen. Mit der für ihn charakteristischen Großzügigkeit und einem tiefen Gefühl für die Bedeutung der Aufrechterhaltung eines Standards der Rechtschaffenheit bietet Paulus an, für diesen Mann, Onesimus, zu bürgen, und er erklärt sich bereit, für all dessen frühere Verfehlungen aufzukommen. Er wusste, dass das Leben des Onesimus durch die göttliche Gnade völlig verändert worden war. Daher bat er Philemon ohne Zögern, ihn nicht mehr als Sklaven, sondern als Bruder in Christus aufzunehmen.

Luther sagte: „Wir sind alle Gottes Onesimus.“ Denn in diese Begebenheit zeigt uns auf eindrucksvolle Weise, dass wir von Natur aus und in der Praxis verloren sind und dass göttliche Gnade an uns wirkt. Der Brief legt die großen Wahrheiten der Vergebung auf der Grundlage des Sühnewerks eines anderen und der Annahme im Geliebten wunderbar dar.

In Philemon selbst haben wir ein hervorragendes Beispiel dafür, was das Christentum bei einem Menschen bewirken kann. Er war zweifellos ein heidnischer Götzendiener, bevor er Christus kennenlernte. Aber nun sehen wir, wie sich die Liebe des Geistes durch ihn offenbarte, nachdem er zur errettenden Erkenntnis des Herrn Jesus geführt worden war. Offenbar wurde er durch den unmittelbaren Dienst des Paulus bekehrt, obwohl der Apostel Kolossä, wo Philemon wohnte, nie besucht hatte.

Obwohl dieser Brief sehr persönlich ist, gehört er genauso zum inspirierten Wort Gottes wie jeder andere Teil der Heiligen Schrift. Aber die Inspiration lässt der Persönlichkeit des Verfassers Raum, sich zu offenbaren. Dadurch erhalten wir in diesem vertraulichen Brief einen wunderbaren Einblick in die tiefsten Tiefen des Herzens des Apostels. Es ist bemerkenswert, dass ein so großer Teil des Neuen Testaments aus Briefen besteht – einer Literaturform, die Raum für die einfachsten, familiären Empfindungen lässt, die im lebhaftem Kontrast zu schweren theologischen Abhandlungen stehen. Es ist, als ob unser Gott und Vater in einer zärtlichen, vertrauten Weise zu unseren Herzen sprechen würde, um unser Vertrauen zu gewinnen.

Manche meinen, Paulus habe diesen Brief geschrieben, als er in Cäsarea im Gefängnis saß. Aber wahrscheinlicher ist, dass er ihn in Rom schrieb. Onesimus, ein Leibeigener im Haushalt von Philemon, war weggelaufen, nachdem er seinen Herrn bestohlen hatte. Irgendwie war er mit Paulus in Kontakt gekommen, der ihn zu Christus führte. Er war der Meinung,  Onesimus solle nach Kolossä zurückkehren und sich Philemon unterordnen. Daher schrieb Paulus diesen Brief, um die Dinge klarzustellen.

Paulus war kein Eigenbrötler. Obwohl er in mancher Hinsicht um des Evangeliums willen ein einsames Leben führte (1Kor 9,5) und auf die Freude und den Komfort von Frau und Haus verzichtete, um freier zu sein, das Wort zu predigen, war er doch ein Mann mit tiefen Gefühlen und aufrichtiger Zuneigung. Er schätzte die christliche Gemeinschaft. Er freute sich, wenn diejenigen, die er in Christus liebte, wohlgefällig arbeiteten und zur Ehre Gottes lebten. Es schmerzte ihn zutiefst, wenn sich jemand abwandte und in seiner Nachfolge „Schiffbruch erlitt“ (2Tim 4,10; vgl. 1Tim 1,19). Seine persönlichen Briefe zeigen, wie tief sein Interesse an anderen war und wie sehr er seine Bekehrten und Freunde liebte. Lies diesen Brief unter diesen Gesichtspunkten aufmerksam, und du wirst sehen, wie ehrlich er ist.

Dieser Brief liefert uns eines der reizvollsten Bilder der Gnade Gottes, wie sie im Evangelium offenbart wird, die wir je zu finden hoffen konnten. Wie Onesimus haben wir alle unserem rechtmäßigen Herrn und Meister Unrecht getan. Wir haben seine Barmherzigkeit missbraucht, seine Gnade mit Füßen getreten und Ihn beraubt, indem wir das, was Er uns anvertraut hat, damit wir es zu seiner Ehre und Herrlichkeit verwenden, für unsere eigenen egoistischen Zwecke eingesetzt haben. Aber der Herr Jesus hat all unsere Schuld bezahlt, jede Verpflichtung gegenüber dem gebrochenen Gesetz Gottes abgegolten. Jetzt können wir in seinem Namen zum Vater kommen in der Gewissheit, dass wir willkommen geheißen werden, und in dem Wissen, dass uns nicht nur vergeben wird, sondern dass wir nun von dem Geliebten angenommen und in die Familie Gottes aufgenommen sind. Es sollte immer unser glückliches Vorrecht und unsere große Verantwortung sein, anderen dieselbe Gnade zu erweisen, die uns zuteilgeworden ist.

Das Christentum und die Sklaverei

Die Verbreitung des Christentums hat die Sklaverei nicht mit einem Schlag aus der Welt geschafft. Aber es etablierte von Anfang an eine neue Auffassung von menschlichen Werten, und christliche Herren lernten, ihre Sklaven als Brüder und Schwestern in Christus zu achten und zu behandeln. Nach römischem Recht wäre es nicht unter allen Umständen angebracht gewesen, die Sklaven zu befreien. Doch im Laufe der Jahrhunderte, als die Menschen immer aufgeklärter wurden, verschwand die Sklaverei durch die Lehren Christi und seiner Apostel aus der zivilisierten Welt.

Aber wir haben gewissermaßen schon zu lange vor der Tür gestanden. Lasst uns hineingehen und die kostbaren Dinge erkunden, die in dem Brief offenbart werden.

Vers 1

Phlm 1: Paulus, ein Gefangener Christi Jesu, und Timotheus, der Bruder, Philemon, dem Geliebten und unserem Mitarbeiter …

Dieser Brief wurde höchstwahrscheinlich von jenem gemieteten Haus in Rom aus geschrieben (Apg 28,30), in dem Paulus zwei Jahre lang gefangen gehalten wurde, während er darauf wartete, vor Nero zu erscheinen. Philemon war ein Gläubiger aus Kolossä, der seine Bekehrung dem Paulus verdankte (vgl. Phlm 19). Wie bereits erwähnt, handelt der Brief von der Rückkehr eines entlaufenen Sklaven. Paulus bedeutet „der Kleine“ und Philemon „der Liebende“, es handelt sich also um einen Brief des „Kleinen“ an den „Liebenden“.

Vers 2

Phlm 2: … und Apphia, der Schwester, und Archippus, unserem Mitkämpfer, und der Versammlung in deinem Haus:

Apphia ist ein weiblicher Name und bezieht sich zweifellos auf Philemons Frau. Archippus war offenbar ein junger Prediger, vielleicht ihr Sohn. Niemand kann jedoch mit Sicherheit sagen, ob dies der Fall ist.

Vers 3

Phlm 3: Gnade euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!

„Gnade und Friede“: Das ist die übliche apostolische Anrede. Sie vereint die Heiden, die „Gnade“ (griech.: charis, oder lat.: gratia) sagten, und die Juden, die „Frieden“ (heb.: shalom) sagten, in der üblichen Begrüßung. Beide sind in Christus vereint.

Vers 4

Phlm 4: Ich danke meinem Gott, indem ich dich allezeit erwähne in meinen Gebeten, …

Wie groß war das Interesse, das der Apostel an diesem Freund und Bekehrten hatte! Er betete häufig und regelmäßig für ihn.

Vers 5

Phlm 5: … da ich höre von deiner Liebe und von dem Glauben, den du an den Herrn Jesus und die du zu allen Heiligen hast, …

„Da ich höre von deiner Liebe und von dem Glauben“: Beides ging Hand in Hand. Philemons echter christlicher Charakter war bekannt. Paulus freute sich darüber, dass andere über die echte Frömmigkeit seines Freundes sprachen. Der Glaube wirkt (oder zeigt sich) durch die Liebe. Philemon war ein Mensch, dem der Herr Jesus kostbar war, und so war sein Herz voller Zuneigung für alle, die in Christus waren.

Vers 6

Phlm 6: … dass die Gemeinschaft deines Glaubens wirksam werde in der Anerkennung alles Guten, das in uns ist gegen Christus Jesus.

Dies war keine überschwängliche Schmeichelei, sondern eine Anerkennung dessen, was die Gnade Gottes im Leben und in dem Bewusstsein dieses Mannes bewirkt hatte. Deshalb konnte Paulus mit Zuversicht schreiben, als er Philemon den Fall Onesimus vortragen wollte. Er würde sehen, wie jeder gute Impuls auf praktische Weise zur Vollendung kommt. Denken wir daran, dass er im Begriff war, für eine brüderliche Aufnahme von Onesimus zu werben, der früher ein diebischer, entlaufener Sklave war.

Vers 7

Phlm 7: Denn ich hatte große Freude und großen Trost durch deine Liebe, weil die Herzen der Heiligen durch dich, Bruder, erquickt worden sind.

„Ich hatte große Freude und großen Trost durch deine Liebe“: Nichts ist so kostbar wie die Offenbarung des Geistes Christi in seinem Volk. Philemons feiner, gütiger Geist hatte ihn zu einem Segen für viele gemacht. Nun wollte Paulus ihn weiter prüfen. Er fügt hinzu: „weil die Eingeweiden der Heiligen durch dich, Bruder, erquickt worden sind“. Für „Eingeweide“ können wir im Deutschen genauso gut „Herzen“ einsetzen. Der Gedanke ist, dass Philemons Liebe das innere Wesen vieler Gläubiger ermutigt hat.

Verse 8.9

Phlm 8.9: Deshalb, obgleich ich große Freimütigkeit in Christus habe, dir das zu gebieten, was sich geziemt, so bitte ich doch vielmehr um der Liebe willen, da ich nun ein solcher bin wie Paulus, der Alte, jetzt aber auch ein Gefangener Christi Jesu.

Wegen des engen Bandes, das Paulus und Philemon in Christus verband, und auch wegen seiner apostolischen Autorität hätte Paulus die Freiheit gehabt, Philemon zu gebieten, Onesimus bei seiner Rückkehr in einer bestimmten Haltung zu begegnen, jetzt, da auch er ein Christ geworden war.

„So bitte ich doch vielmehr um der Liebe willen“: Aber Paulus entschied sich, keine solche Autorität auszuüben. Stattdessen zog er es vor, die Angelegenheit seinem Freund zu unterbreiten, indem er ihn daran erinnerte, dass er jetzt „Paulus, der Alte“ war. Paulus tat dies in einer Weise, die Philemon die Gelegenheit gab, die Liebe, die ihn schon immer ausgezeichnet hatte, aus freien Stücken, aus eigenem Willen zu offenbaren und nicht unter irgendeinem Druck.

Vers 10

Phlm 10: Ich bitte dich für mein Kind, das ich gezeugt habe in den Fesseln, Onesimus, …

Dies macht deutlich, dass Onesimus das Kind des Paulus im Glauben war. Paulus hatte ihn für Christus gewonnen, und er war natürlich um seine Zukunft besorgt. Wo die Gnade Christi im Herzen regiert, wird aus einem „Ich befehle“ ein „Ich bitte“.

Vers 11

Phlm 11: … der dir einst unnütz war, jetzt aber dir und mir nützlich ist, …

„Der einst unnütz war, jetzt aber … nützlich ist“: Das ist ein Wortspiel. Onesimus bedeutet „nützlich“ oder „hilfreich“. In der Vergangenheit war er alles andere als das gewesen. Jetzt war alles anders, und er machte seinem Namen alle Ehre. Wir sind alle „abgewichen“. In unserem sündigen Zustand sind wir „allesamt untauglich geworden“ (Röm 3,12). Es ist allein die Gnade, die es den Geretteten ermöglicht, für Gott nützlich zu sein.

Vers 12

Phlm 12: … den ich zu dir zurückgesandt habe – ihn, das ist mein Herz; …

Unter den gegebenen Umständen, sowohl aufgrund des römischen Gesetzes als auch aufgrund des Charakters von Philemon, hielt Paulus es für das Klügste und Beste, dass dieser Sklave zu seinem Herrn zurückkehren sollte. Anstatt sich also an den Buchstaben des mosaischen Gesetzes zu halten (5Mo 23,16.17), schickte er ihn mit diesem Empfehlungsschreiben zurück.

Vers 13

Phlm 13: … den ich bei mir behalten wollte, damit er statt deiner mir diene in den Fesseln des Evangeliums.

Paulus wäre froh gewesen, wenn er sich frei gefühlt hätte, Onesimus bei sich zu behalten, denn dieser hatte sich in vielerlei Hinsicht als nützlich erwiesen. Paulus war der Meinung, dass er einen solchen Dienst so hätte annehmen können, als wäre er von Philemon selbst geleistet worden.

Vers 14

Phlm 14: Aber ohne dein Einverständnis wollte ich nichts tun, damit deine Wohltat nicht wie gezwungen, sondern freiwillig sei.

Er wollte sich jedoch nicht auf Philemons Freundschaft berufen, und da es keine Gelegenheit gab, ihn in dieser Angelegenheit zu konsultieren, zog er es vor, Onesimus in sein früheres Zuhause zurückkehren zu lassen.

Vers 15

Phlm 15: Denn vielleicht ist er deswegen für eine Zeit von dir getrennt gewesen, damit du ihn für immer besitzen mögest, …

Da nun Herr und Sklave in Christus eins waren, vertraute Paulus darauf, dass es in Zukunft keinen Bruch in ihrer Verbindung geben würde. Stattdessen würden sie eine tiefere Gemeinschaft haben, als dies in der Vergangenheit der Fall war.

Vers 16

Phlm 16: … nicht länger als einen Sklaven, sondern – mehr als einen Sklaven – als einen geliebten Bruder, besonders für mich, wie viel mehr aber für dich, sowohl im Fleisch als auch im Herrn.

„Mehr als einen Sklaven – als einen geliebten Bruder“: Dies lässt uns erkennen, welch große Veränderungen das Christentum bereits in der frühen Gemeinde bewirkte. Der einstige Sklave sollte nun als geliebter Bruder im Herrn anerkannt werden. Onesimus steht mit seinem eigensinnigen Werdegang stellvertretend für den Weg aller unerlösten Menschen. Reumütig und wahrhaftig bekehrt, kehrt er zu seinem Herrn zurück. Die große Lehre der Stellvertretung wird durch das Angebot des Paulus veranschaulicht, Onesimus’ Schuld zu bezahlen. Die Wahrheit, dass wir angenommen sind, wird angedeutet, wenn Paulus andeutet, dass sie ihre Wertschätzung für ihn durch die Art und Weise zeigen sollen, wie sie Onesimus behandeln. Das ist eine wunderbare Illustration des Evangeliums.

Vers 17

Phlm 17: Wenn du mich nun für deinen Genossen hältst, so nimm ihn auf wie mich.

Was für ein schönes Bild ist das für unsere Annahme in Christus! Bei jedem erretteten Sünder ist es, als ob unser Herr ihn dem Vater vorstellt und sagt: „Wenn du mich nun für deinen Genossen hältst, so nimm ihn auf wie mich.“ Wir sind „vollendet in ihm“ (Kol 2,10), denn „wie er ist, so sind auch wir in dieser Welt“ (1Joh 4,17). Er sagt zum Vater: „dass du sie geliebt hast, wie du mich geliebt hast“ (Joh 17,23). Wie töricht wäre Onesimus gewesen, wenn er den Brief des Paulus weggeworfen und versucht hätte, sich selbst zu verteidigen! Es kann keine größere Torheit geben, als das Mittleramt Christi zu ignorieren und zu versuchen, sich Gott in seinem eigenen eingebildeten Verdienst zu nähern.

Vers 18

Phlm 18: Wenn er dir aber irgendein Unrecht getan hat oder dir etwas schuldig ist, so rechne dies mir an.

Es ist offensichtlich, dass Onesimus seinen Herrn bestohlen hatte. Paulus bietet Philemon an, die Schuld von Onesimus zu begleichen. In gleicher Weise hat unser geliebter Herr alle unsere Schulden am Kreuz bezahlt, damit wir von allem gerechtfertigt werden.

Vers 19

Phlm 19: Ich, Paulus, habe es mit meiner Hand geschrieben, ich will bezahlen; dass ich dir nicht sage, dass du auch dich selbst mir schuldig bist.

„Dass ich dir nicht sage, dass du auch dich selbst mir schuldig bist“: Behutsam erinnert Paulus Philemon daran, dass er es war, der Philemon zur Erkenntnis Christi geführt hatte. Daher war Paulus sicher, dass er sich darauf verlassen konnte, dass Philemon nun in seinem Sinne handeln würde.

Vers 20

Phlm 20: Ja, Bruder, ich möchte Nutzen an dir haben im Herrn; erquicke mein Herz in Christus.

„Ja, Bruder, ich möchte deiner froh werden im Herrn“ (Rev. Elb.): Die liebevolle Befolgung der Bitte des Apostels durch Philemon würde das Herz desjenigen erfreuen, der um des Namens Christi willen ein Gefangener war. Wenn jemand durch die Gnade gerettet wurde, ist zu erwarten, dass er anderen gegenüber in Gnade handelt, auch denen gegenüber, von denen er glaubt, dass sie ihn misshandelt und betrogen haben.

Vers 21

Phlm 21: Da ich deinem Gehorsam vertraue, so habe ich dir geschrieben, und ich weiß, dass du auch mehr tun wirst, als ich sage.

Paulus zweifelte nicht einen einzigen Augenblick daran, dass Philemon das tun würde, worum er ihn gebeten hatte. Er schrieb in der Gewissheit, dass er nicht enttäuscht werden würde, sondern dass Philemon in wahrer christlicher Nächstenliebe und Brüderlichkeit sogar über das hinausgehen würde, was von ihm verlangt wurde. So wurde der Brief an Onesimus übergeben, der sich auf den Weg zurück nach Kolossä machte, in der Gewissheit, dass ihm alles vergeben und er im Haushalt seines früheren Herrn einen völlig neuen Platz einnehmen würde.

Vers 22

Phlm 22: Zugleich aber bereite mir auch eine Herberge, denn ich hoffe, dass ich euch durch eure Gebete werde geschenkt werden.

„Durch eure Gebete“: Paulus erwartete zuversichtlich seinen Freispruch und glaubte, dass er wieder frei sein würde, um seine Freunde zu besuchen und unter ihnen zu dienen. Er zählte darauf, dass Gott die Gebete vieler für ihn erhören würde. Er wurde auch nicht enttäuscht, denn nach den authentischsten Aufzeichnungen, die uns überliefert sind, wurde er freigelassen, als er vor Nero erschien, und es wurde ihm gestattet, mehrere Jahre lang im Evangelium zu arbeiten, bevor er erneut verhaftet wurde. Dann wurde er erneut nach Rom gebracht, wo er im Carcer Mamertinus eingekerkert und nach der offiziellen Verurteilung als Märtyrer für das Evangelium Christi enthauptet wurde.

Vers 23

Phlm 23: Es grüßt dich Epaphras, mein Mitgefangener in Christus Jesus, …

Epaphras war der Mann Gottes, der aus Kolossä zu Paulus gekommen war, um ihm von der Liebe der Gläubigen zu berichten und auch von den Versuchen einiger Irrlehrer, diese junge Gemeinde zu verderben (vgl. Kol 1,7.8; 4,12). Er scheint zumindest eine Zeitlang mit Paulus im Gefängnis gesessen zu haben; ob freiwillig oder nicht, wissen wir nicht.

Vers 24

Phlm 24: Markus, Aristarchus, Demas, Lukas, meine Mitarbeiter.

„Meine Mitarbeiter“: Die vier genannten Namen sind alle nicht uninteressant. Markus war ein Verwandter des Barnabas, den Paulus auf seiner zweiten Missionsreise nicht mitnehmen wollte, der aber mit Barnabas ging, als sich die beiden älteren Männer trennten. In den folgenden Jahren hatte er seine anfängliche Unzuverlässigkeit überwunden, und Paulus schätzte nun seine Gemeinschaft und sein Zeugnis (vgl. 2Tim 4,11).

Aristarchus war ein treuer Freund des Paulus und zu dieser Zeit auch sein Mitgefangener (Kol 4,10). Die Namen von Demas und Lukas, dem geliebten Arzt, sind hier miteinander verbunden, so wie auch in Kolosser 4,14. Leider wurden sie später getrennt, weil Demas abtrünnig geworden war. Er verließ den Gefangenen Paulus, weil er die Welt lieb gewann (2Tim 4,10).

Vers 25

Phlm 25: Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit eurem Geist! Amen.

Es ist der übliche paulinische Gruß, der die Gnade hervorhebt, durch die allein wir gerettet werden. Er war das Unterscheidungsmerkmal, das alle echten Briefe des Apostels kennzeichnete.

Die persönliche Korrespondenz des Paulus war das Ergebnis eines Herzens, das sich Christus hingab. Was ist mit unseren Briefen [oder E-Mails oder Textnachrichten]? Versuchen wir, anderen zu helfen, Christus besser kennenzulernen, wenn wir schreiben?


Originaltitel: „Philemon“
Quelle: https://plymouthbrethren.org

Übersetzung: Samuel Ackermann


Note from the editors:

The SoundWords editorial team is responsible for the publication of the above article. It does not necessarily agree with all expressed thoughts of the author (except of course articles of the editorial staff) nor would it like to refer to all thoughts and practices, which the author represents elsewhere. “But examine all things, hold fast the good” (1Thes 5:21).—See also „On our own account ...

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